Die Auslagerung des „Künstlerservice“ des Wiener AMS analysiert
Die Ankündigung des Wiener Arbeitsamtes, das so genannte Künstlerservice im Wiener AMS „auszulagern“, sorgt für Aufregung. Nicht nur bei dem Dachverband der freien Theater sondern auch bei den KünstlerInnen selbst. Das konzeptionelle Einbeziehen dieses ExpertInnen-Know-hows in die Planungen des AMS blieb bislang ebenso aus wie die Präsentation eines Konzepts als Diskussionsgrundlage.
Das Künstlerservice AMS Wien ist eine Betreuungs- und Vermittlungseinrichtung des AMS mit großem Sach-Know-how. Die Einrichtung hat eine hohe Akzeptanz bei den KünstlerInnen und wird von Theatern und Filmfirmen gerne als Vermittlungsstelle wie eine Agentur genutzt. Aus operativen Überlegungen und wegen Planstellenknappheit möchte das AMS Wien kurzfristig diese in Österreich einzigartige Struktur auflösen. Mit der Auflösung würde eine mit viel Engagement aufgebaute Struktur preisgegeben werden. Ausgelagerte Strukturen haben keine Kontinuität garantierende Budgetierung und drohen – wie bereits einige derartige Projekte – nach ein bis zwei Jahren ersatzlos gestrichen zu werden.
Was bedeutet das politisch?
Allgemein entwickelt sich der Arbeitsmarkt derzeit für viele Berufsgruppen in die Richtung zunehmend prekärer Arbeitsverhältnisse, kürzerer Beschäftigungsdauer und einem zunehmenden Feld „Neuer Selbstständigkeiten“, hinter denen sich oft eine verdeckte neuartige Armut verbirgt, die jedoch nicht in den Arbeitslosenstatistiken aufscheint. Künstler/innen waren und sind jedoch grundsätzlich in einer besonderen arbeitsrechtlichen und -politischen Situation. Es ist nicht der Sonderfall sondern normal, dass sie manchmal angestellt sind, manchmal arbeitslos werden und manchmal selbstständig tätig werden – oft mit einer sehr kurzen Beschäftigungsdauer. Sie bedürfen einer berufsfeldspezifischen Betreuung innerhalb des AMS.
Das AMS möchte Beratung, Clearing, Coaching und auch den Akt der Vermittlung auslagern. Die formale Abwicklung im Falle einer Arbeitslosigkeit bliebe in den jeweils zuständigen Geschäftsstellen des AMS. Mit einer Auslagerung entstünde eine Doppelstruktur, die juridisch problematisch erscheint. Denn eine als Agentur fungierende Einrichtung stünde unter dem marktwirtschaftlichen Konkurrenzgebot und zöge große datenschutzrechtliche Probleme nach sich: Kann/darf das AMS Personendaten seiner KlientInnen „exportieren“?
Zudem muss vermutet werden, dass hinter dem positiv belegten Begriff „Clearing“ der arbeitsmarktrechtlich bedenkliche Versuch steckt, der Berufsgruppe der KünstlerInnen den Berufsschutz zu nehmen und sie auf den so genannten dritten Arbeitsmarktsektor zu drängen. Die Definitionsmacht würde einer ausgelagerten Einrichtung des AMS übertragen – möglicherweise gegen die politischen Implikationen eines solchen Projektes. Seit der Einrichtung ähnlicher Auslagerungs-Projekte haben sich in Österreich die Sperren des AMS verdoppelt. Zudem werden KünstlerInnen teilweise bereits gegenwärtig als vermeintlich Selbstständige aus dem Arbeitslosengeld-Bezug ausgeschlossen.
Die Entwicklung in den vergangenen sieben Jahren zeigt, dass faktisch fast alle derartigen „Projekte“ nach einer Maximalzeit von drei Laufjahren ersatzlos beendet wurden. Auslagerung bedeutete in diesem Fall Auflösung – und damit „Entsorgung“ von KünstlerInnen.
Gibt es eine Alternative?
Politisch, juridisch und auch ökonomisch ist die zentrale Betreuung, Vermittlung und Beratung aller KünstlerInnen an einer gemeinsamen Geschäftsstelle im AMS sinnvoll – aber nicht ausgelagert, sondern innerhalb des AMS Wien als eigenständige Geschäftsstelle und Pilotprojekt erweitert auf eine Nutzbarkeit für alle Kunstschaffenden in Österreich.
Die Interessensvertretung der freien Theater in Österreich fordert den Erhalt der bestehenden Struktur und Personalressourcen und deren künftigen Ausbau in folgender Form:
- Zusammenfassung der Betreuung, Vermittlung und Beratung aller in Österreich tätigen Kunstschaffenden
- Aufbau einer eigenen Geschäftsstelle im AMS, mit einer ausreichenden Erweiterung des Personalstandes
- strukturelle Vernetzung mit der bundesdeutschen Einrichtung ZBF