Künstlicher Tiefschlaf

Die Förderpraxis des Bundes erläutert Patricia Köstring anhand des Wiener Depot’s.

 

Am 28. Februar 2003 war es wieder soweit: ein letzter Abend ging im Depot in Wien über die Bühne. Ein drittes Mal (nach Winter 2000 und Frühjahr 2002) waren zunächst die Programmaktivitäten reduziert, dann die MitarbeiterInnen in den Status des Ehrenamts versetzt, schließlich der Programmbetrieb eingestellt worden.

Das Geld, das für das Programm in der zweiten Jahreshälfte 2002 von der Kunstsektion des Bundeskanzleramts und von der Kulturabteilung der Stadt Wien zur Verfügung gestellt worden war, insgesamt 137.600 EUR, war zu Ende.

Es sah nicht gut aus: Das Warten auf Genehmigung einer Subvention für 2003 durch das BKA war kein Hoffnungsschimmer; schließlich hatten sich die Entscheidungen über eine Förderung bereits seit 2000 sukzessive immer weiter in das betreffende Programmjahr hinein verzögert. Die Stadt Wien signalisierte Betroffenheit, aber (noch) nicht mehr.

Nun scheint es aber so, dass aus dem Nachruf auf die Bedeutung des Depot als unabhängigem Ort für die Vermittlung und diskursive Betrachtung eines breiten Spektrums gesellschaftspolitischer und kulturtheoretischer Inhalte, die sich letztendlich zu einem Theorie-Portfolio für KünstlerInnen und an Kunst und Kultur interessierten Menschen bündeln, doch nichts wird. Die Stadt Wien hat eine Förderung in der Höhe von 84.700 EUR für 2003 beschlossen, möglicherweise kann ein weiteres Mal vom Ende Abstand genommen werden – wenn das BKA sich entschließen kann, seinen Anteil der so noch nicht für ein Jahresprogramm ausreichenden Fördersumme bekannt zu geben (der Ende 2002 eingereichte Antrag des Depot ist in einer Sitzung des entsprechenden BKA-Beirats bereits behandelt worden).

Weitere Opfer … Das Depot ist aber kein Einzelfall: Am 2. April veröffentlichte die IG Bildende Kunst, ebenfalls mit Sitz in Wien, unter der Überschrift „Kein Geld!“ eine Stellungnahme zu ihrer Situation. Fünf Monate nach der Einreichung des Subventionsansuchens im BKA sei Anfang April noch kein Bescheid über die Förderung für 2003 gekommen, drei der fünf TeilzeitmitarbeiterInnen hätten in diesem Jahr noch kein Gehalt bekommen, eine Mitarbeiterin sei im November letztmals bezahlt worden, die Notbremse bezüglich des Jahresprogramms (Streichung von Ausstellungen und Beratungsleistungen für KünstlerInnen) werde gezogen werden müssen. Problematisch ist im Umgang mit derartigen Subventionslöchern nicht nur das Arbeiten mit Planungsunsicherheit und gekürzten Budgets sowie die regelmäßige Auslotung des eigenen Altruismus-Potenzials. Ärgerlich ist vor allem auch, wie viel Energie ein-, zweimal pro Jahr in das Wiederanwerfen des abgewürgten Motors gesteckt werden muss.

… der Förderpraxis Leider gilt es in diesem Zusammenhang gebetsmühlenartig auf einige Mechanismen in der Förderpraxis des BKA hinzuweisen: Sowohl eine Verbesserung in Bezug auf Geschwindigkeit bei der Mittelvergabe als auch eine Schaffung mehrjähriger Förderverträge sind als Anliegen im aktuellen Regierungsprogramm festgeschrieben, waren auch schon beim Regierungsprogramm 2000 angekündigt. (Siehe auch den Artikel von Daniela Koweindl auf S. 10; Red.) Nach wie vor werden aber Anträge zu Jahresprogrammen oft erst im betreffenden Jahr behandelt. Und: Nach wie vor wurden bisher keine mehrjährigen Förderverträge für KulturveranstalterInnen vergeben (siehe hierzu auch die parlamentarische Anfrage von Christine Muttonen (SPÖ) vom 26. 02. 03, http://www.parlinkom.gv.at/ pd/pm/XXII/J/his/001/J00125_.html).

Ein weiterer Kritikpunkt: Es gibt es für die Arbeit der Fachbeiräte im BKA keine Geschäftsordnung, was zu einer oft intransparent wirkenden Gebarung bezüglich Terminen, Tagesordnungen und Ergebnissen der Fachbeiratssitzungen führt. Ein Vorschlag zu einer Geschäftsordnung wurde bereits 2001 von der Kulturpolitischen Kommission, einer Plattform unabhängiger Interessensvertretungen, erarbeitet und an Staatssekretär Morak übergeben, bisher ohne Erfolg oder Reaktion (siehe hierzu den kulturrisse-Artikel von Gabi Gerbasits, IG Kultur Österreich, http://igkultur.at/igkultur/kulturpolitik/1004805477). Wichtig wären hier strukturunterstützende und -bildende Maßnahmen, klare Aussagen bezüglich der Evaluations- und Förderungskriterien, klare Zeitrahmen als Unterstützung von Programmkontinuität. Der künstliche Tiefschlaf, der Institutionen verordnet wird, wenn sie sich zwar bei der Beantragung und Abrechnung ihrer Fördergelder an den Grundsatz „Geschäftsjahr = Kalenderjahr“ halten sollen, eine Subvention aber erst weit im laufenden Jahr erhalten, sollte endgültig ein Ende haben.

Patricia Köstring