Österreich: Ein Zustand!

Ankündigung des kulturpolitischen Aschermittwochs in Ried.

 

von Peter Baier-Kreiner

Die Nationalratswahlen sind geschlagen – wer sich nicht mehr erinnern kann, das war am 24. November des Vorjahres. Auch schon wieder ein paar Wochen her …

Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses dieser Zeitung tritt die ÖVP gerade wieder in die Wiederaufnahme intensiver Sondierungsgespräche mit den Grünen ein. Solche Sondierungsgespräche sind notwendig, um beizeiten die Basis für Anbahnungsgespräche zur Bildung einer möglichen Regierung, sprich zu Koalitionsverhandlungen zu legen. Über letztere bereits in der höchstkomplizierten Anfangsphase dieser Angelegenheit zu spekulieren, ist allerdings sicher verfrüht und unseriös, das lassen wir an dieser Stelle; vielleicht passt das in eine der Herbst-Ausgaben der Kupf-Zeitung.

Hermann Maier hat sein Comeback geschaftt, musste darob sogar kurz einmal weinen, und unser Herr Bundespräsident hat ihm angesichts dieser schier unfassbaren Leistung seine tiefste Hochachtung ausgesprochen. Beinahe im selben Atemzug hat unser HBP allerdings mit wachsender Ungeduld gegenüber dem amtierenden Kanzler urgiert, dass vielleicht und schön langsam und überhaupt einmal eine Regierung fällig wäre. Der Kanzler, unser Beschwichtigungskanzler, hat freilich in gewohnter Manier lässig abgewinkt: Alles in der Zeit, kein Grund zur Panik! Weil aber solche Anbahnungs- und Sondierungsgespräche für unseren kleinen Wolferl anstrengend sind, erholt sich der Kamerakanzler mit seiner Vizekanzlerin ganz gern im Skizirkus, etwa beim Nachtslalom der Herren in Schladming, um dort sein Lächeln in die Objektive zu halten. Das freut und beruhigt mich, ich gönne ihm sein Ausspannen, will ich doch auch, dass er ausgeruht in die nächsten Verhandlungsmonate gehen kann, immerhin geht es doch um ganz schön was! Oder er jettet mit der Königskobra für ein paar Tage nach St. Moritz zur alpinen Ski-WM, um in unserem Partnerland für die Fußball-EM 2008 die eine oder andere Phrase zu deponieren, unser Worthülsenkanzler! Wahnsinn! Wir haben die Fußball-EM! Das hat noch keine Regierung in der Geschichte unseres Landes zustandegebracht! Und vielleicht auch bald die Olympischen Winterspiele! Ich bin außer mir!

Sonst tut sich nicht viel in diesem Land, nicht einmal der traditionelle Aschermittwoch der FPÖ tut sich heuer in Ried, der soll nämlich in Klagenfurt stattfinden. Meine Trauer darüber hält sich in Grenzen, nicht aber die Freude des öffentlichen Ried über die Abwanderung der FPÖ heim ins Reich des Bärentalers. Dieses Ried ist nämlich plötzlich heilfroh, den Aschermittwoch der Freiheitlichen nicht mehr in der Stadt zu haben, hat er doch dem Ansehen der Bezirkshauptstadt jahrelang nur geschadet; LokalpolitikerInnen jeder Farbe werden in jüngster Zeit nicht müde, das zu beteuern, sogar die Rieder FPÖ bläst in dieses Horn. Und nicht zuletzt der regionale Rieder Blätterwald schaut rund und will es plötzlich immer schon gewusst haben, wie wenig Ried den Aschermittwoch des Jörg Haider braucht; es ist derselbe Blätterwald, in dem über Jahre hinweg gegen das linke Lager polemisiert wurde, das den kulturpolitischen Aschermittwoch ins Leben gerufen und organisiert hat. Aber das ist eine andere Geschichte.

Fazit: Man sehe sich die Zustände (nicht Vorgänge, wohlgemerkt, denn Vorgänge implizieren Bewegung) in diesem Land an, und man wird feststellen: Es besteht nicht der geringste Anlass, wegen des vorläufigen Endes des politischen Aschermittwochs der FPÖ in Ried anzunehmen, dass sich damit auch die Abhaltung eines kulturpolitischen Aschermittwochs in Ried überholt hätte. Aber nicht der allergeringste!

Peter Baier-Kreiner