Zwei scheidende Vorstandsmenschen der Kupf verabschieden sich gegenseitig.
von Ulrike Stieger & Andi Wahl
Sie kennen das ja vielleicht. Man liest ein Buch oder sieht sich im Fernsehen ganz vertieft einen Film an. Auf einmal geschieht etwas Unvorhergesehenes, der Strom fällt aus oder es kommt eine Schubraupe durch die angelehnte Terrassentür. Und plötzlich ist nichts mehr wie es vorher war. Auch wenn der Strom wieder angeht oder die Schubraupe den Retourgang einlegt, man kann sich einfach nicht mehr auf das konzentrieren, in was man bisher seine ganze Akribie gelegt hat. Ja mehr noch, es kommt einem geradezu lächerlich vor, was man so treibt und man hat das Gefühl, bisher am Leben vorbeigelebt zu haben. Und genau so ist es mit Ulrike Stieger, die es hier zu verabschieden gilt. Trifft man mit ihr zusammen, dann ist nachher nie wieder alles so wie es vorher war. Ihre Klugheit und ihre Lebenslust wirft zart besaitete Charaktere um und Starke zumindest aus der Bahn. Ihr messerscharfer Verstand ist Gift für jede Illusion und angesichts ihrer schwärmerischen Verzückung verdampft alle Abgeklärtheit und jeder Zynismus. Ohne Ulrike wäre die KUPF nicht so, wie sie heute ist. Im Guten nicht und auch nicht im Bösen. Nun geht sie in das ohnehin schwer geprüfte Belgrad – Gott schütze es. Andi Wahl
Schnellentschlossen sagte ich bei der letzten Redaktionssitzung der KUPF-Zeitung zu, einige Zeilen zum Abschied Andi Wahls aus dem KUPF-Vorstand zu verfassen. Zum einen deshalb, weil Andi Wahl ein ganz besonderer Freund in den vergangenen Jahren geworden ist und ich mich gerne als eine seiner BewundererInnen zu erkennen gebe. Zum anderen gibt es eine Fülle von Geschichten aus dem Schaffen des Wahl. Die 1000-Zeichen Vorgabe macht es schwierig, zwischen dem Andi Wahl als subkulturellem Schreibtischhengst, Zimmermann, Tischler, Redakteur, Vater, Freund, Student, Kommunist oder Hausmann zu wählen. Ein Tausendsassa allemal. Noch dazu charmant – charming Andy. In der KUPF übte Andi so ziemlich alle diese Fähigkeiten und Fertigkeiten aus. Das brachte eine einzigartige Balance zwischen theoretischem Tiefgang, politischer Konsequenz und dem ständigen Bestreben nach Realitätsnähe. Bei aller Liebe muss dennoch auch die Gnadenlosigkeit Andi Wahls zur Sprache kommen. Das ist es, womit er auch der KUPF die Rute ins Fenster stellt. Auch ohne Funktion, liebe KUPF und Kulturinitiativen, aber auch Politik und Verwaltung, lasst es Euch gesagt sein: Nehmt Euch vor diesem Mann in Acht. Restriktive Politiken und lethargische Reaktionen der Initiativen als mögliche Gegenkräfte werden den Wahl auch in Zukunft zur Feder bitten oder gar zum Aktionismus treiben. Al hamdulilah.
Ulrike Stieger