Die Mitgliedsinitiative „Werkstatt Frieden & Solidarität“ hat einen millionenschweren Konzern zum Einlenken gebracht.
Von Christian Diabl
Die Überraschung war groß bei Gerald Oberansmayr, als er von der kärntner Treibacher Industrie AG auf einen 240.000 Euro teuren Widerruf verklagt wurde.
In einem „Kommentar der anderen“ für den Standard hatte der Aktivist der „Werkstatt Frieden und Solidarität“ aus einem Gerichtsurteil zitiert und damit die Klage des Metallurgie- und Chemiekonzerns ausgelöst. Hintergrund sind Geschäftsbeziehungen des Unternehmens zu einem gewissen Karl-Heinz Albers, der u.a. von der UNO des illegalen Rohstoffabbaus und der Bürgerkriegsfinanzierung beschuldigt wird. Schauplatz dieser Geschäftstätigkeit ist der Kongo, wo zuletzt ein blutiger Bürgerkrieg etwa 4 Millionen Menschen das Leben gekostet hat. Grund dafür ist vor allem der enorme Reichtum an Bodenschätzen, der dem Land seit seiner „Entdeckung“ durch die Portugiesen immer wieder zum Verhängnis wird. War es jahrhundertelang vor allem der „Rohstoff Mensch“, der für den transatlantischen Sklavenhandel ausgebeutet wurde, konzentriert sich heute die internationale Aufmerksamkeit auf Kupfer, Gold, Diamanten, Erdöl, Coltan und zahlreiche weitere Stoffe. Unter ihnen ist auch das höchst seltene Erz Pyrochlor, das vor allem in der strategisch wichtigen Flugzeug- und Raketenindustrie benötigt wird. Die weltweit größten Vorkommen des Erzes entdeckte mensch in Lueshe im Osten des Kongo. Das Gebiet wird von einer Rebellenfraktion beherrscht, an die Karl-Heinz Albers laut „Profil“ 3/2005 monatlich 300 000 $ Schutzgeld bezahlt haben soll, um die Mine während des Bürgerkrieges ungestört ausbeuten zu können. Der deutsche Geschäftsmann ist kein Einzelfall, ein Bericht des UNO-Generalsekretärs bringt die Sache auf den Punkt, wonach die Rolle des Privatsektors bei der Ausbeutung der Natur- Ressourcen und der Fortführung des Krieges entscheidend gewesen sei.
Das Pyrochlor lieferte Albers u.a. an eine estnische Firma namens Silmet, an der wiederum die Treibacher Industrie AG beteiligt ist. Sie hält im Zeitraum der Geschäfte nämlich 25 % (plus Option auf die Mehrheit) an dem baltischen Unternehmen. Des weiteren gründeten die Kärntner gemeinsam mit Karl- Heinz Albers ein Joint Venture zur „Erforschung und Ausbeutung von Rohstoffen in Zentralafrika.“
Grund genug für Gerald Oberansmayr, in seinem Artikel über die EU-Militärpräsenz im Kongo auf die mögliche österreichische Beteiligung an der Bürgerkriegstragödie hinzuweisen. Der Konzern hielt die Veröffentlichung eines Zitats des Landesgerichts Korneuburg zu der Causa jedoch für unzulässig, da dieses angeblich in der Urteilsbegründung relativiert wird. Das Angebot Oberansmayrs, die im Kontext des Artikels nebensächlichen Zeilen zurückzunehmen, wenn die „Treibacher“ bereit wären, die Sachlage aufzuklären, wurde mit oben erwähnter Klage beantwortet. Diese Vorgehensweise löste eine spontane Welle der Solidarität mit dem betroffenen Journalisten aus, die rasch eine breite Öffentlichkeit erreichte. Neben dem Sammeln von Spenden und Unterschriften wurden politische Verantwortungsträger informiert und aufgefordert, die möglichen österreichischen Verstrickungen auf parlamentarischer Ebene zu klären. Gerald Oberansmayr meint dazu: „Für eine Einzelperson ist es offensichtlich viel zu gefährlich, da ernsthaft zu recherchieren, weil man sofort mit Megaklagen eingedeckt wird, darum soll die parlamentarische Ebene das machen.“
Schon bald zeigte der öffentliche Druck Wirkung, die Treibacher Industrie AG zog die Klage zurück und begnügte sich mit einem Widerruf des Zitats auf der Homepage der „Werkstatt Frieden und Solidarität“, auf der ebenfalls umfangreiche Informationen über das geschäftliche Treiben im Kongo aufbereitet sind.
Erleichterung herrscht aber nicht nur im Umfeld des Aktivisten. Ein Prozess und eine mögliche Verurteilung wären ein verheerendes Signal für künftige Auseinandersetzungen zwischen kritischem Journalismus und Imageinteressen diverser Großkonzerne gewesen. Rohstoffausbeutung und „fremdfinanzierte“ Gewalt sind aber nach wie vor kongolesischer Alltag, deshalb wird die Kampagne fortgesetzt, die verantwortlichen Politiker werden auch von dieser Stelle aus aufgefordert, die Verstrickung einheimischer Konzerne restlos aufzuklären und gegebenenfalls zu unterbinden. Solidarität ist kein überholtes Vokabel eines vergangenen Traums, sie kann Fundament menschlichen Zusammenlebens sein und sogar einen millionenschweren Konzern durch öffentlichen Druck zum Einlenken bewegen. Mehr Informationen über Kongo, Krieg, Konzern und Klage finden sich auf www.werkstatt. or.at, dort werden auch weiter Unterschriften für eine parlamentarische Untersuchung der Causa gesammelt.
Christian „Giro“Diabl
Christian „Giro“ Diabl studiert Politikwissenschaft und ist Aktivist bei bs3 & KAPU