Kulturarbeit in der Einwanderungsgesellschaft

Vlatka Frketic über die Konferenz Kulturarbeit in der Eiwanderungsgesellschaft.

 

There’s no such thing as a single-issue struggle, because we don’t live single-issue lives. Audre Lorde

Am 3. November fand in Wien die Konferenz Kulturarbeit in der Einwanderungsgesellschaft mit dem Schwerpunkt „Antirassistische Interventionen und Strategien“ statt. Veranstaltet wurde die Konferenz von fields of TRANSFER, einer Arbeitseinheit der IG Kultur Österreich im Rahmen der Equal Partnerschaft „work in process“. Als Auftaktveranstaltung fand am Vorabend der Konferenz eine Podiumsdiskussion im Depot/Wien statt. Der Politikwissenschaftler Kien Nghi Ha, Baruch Wolski vom Kulturverein Kanafani und Marty Huber, Öffentlichkeitssprecherin der IG Kultur Österreich diskutierten über Rahmenbedingungen und Ziele aktueller antirassistischer Praxen im Kulturbereich.

Die Diskussionsinputs hoben vor allem die Notwendigkeit der partizipativen Selbstrepräsentation hervor. Belinda Kazeem und Dominic Mariochukwu Gilbert von der Recherchegruppe zur Schwarzen österreichischen Geschichte stellten eine Geschichtsschreibung aus eigener Perspektive, abseits von Exotisierung und stereotypen Darstellungen, in den Vordergrund. Ein bedeutender, aber häufig vernachlässigter Aspekt in der Migrations- und (Anti-)Rassismusforschung – die LIEBE, wurde von Slavomir Boban Stojkov (Verein Romani Dori) als Ausgangspunkt für eine Theatervorstellung genommen, in der es um die Verquickung von Liebe, Migration, Roma, Rassismus und Diskriminierung kommt. Im Theaterstück „Liebesforschung“ sollen Phänomene wie Heirat, Aufenthalt, Gefühle in einem gesellschaftlich- politischen Umfeld kontextualisiert werden. Die Möglichkeiten strategischer Allianzen in der Kulturarbeit mit dem Ziel langfristige Partizipation von Migrantinnen im Kulturbereich zu erkämpfen und Rahmenbedingungen für diese Arbeit herzustellen war der Schwerpunkt von Galia Baeva und Marissa Lobo von maiz – Autonomes Zentrum von & für Migrantinnen aus Linz. Baruch Wolski vom Kulturverein Kanafani thematisierte die Verknüpfung von Antisemitismus und Antiislamismus und die Schwierigkeiten einer solchen Allianzenbildung. Beatrice Achaleke von der Schwarzen Frauen Community stellte das Projekt „Arbeiten gegen Rassismus“ aus dem Jahr 2005 vor. Diese Plakatserie an Haltestellen entlang der Straßenbahnlinie D in Wien wurde als Beispiel angeführt, wie eine Allianz funktionieren kann. B. Achaleke erwähnte auch Beschmierungen auf diesen Plakaten und die Weigerung der Wiener Linien, die Plakate auch an bzw. in der Straßenbahn anzubringen; die Fahrgäste würden damit überfordert. Den Standpunkt, migrantische Medien sollten über die migrantische Thematik hinausgehen, vertraten Hirut Kiesel und Karin Duarte in ihrer Präsentation des Vereins world media insights. Die Konferenz ermöglichte den Austausch unterschiedlicher Haltungen, Zugänge und Ziele migrantischer Selbstorganisationen. Es wurde u.a. einerseits der Wunsch nach einer Normalität des Daseins im Sinne der Partizipation an allen gesellschaftlich-politischen Ebenen artikuliert und andererseits wurde eben diese Normalität in Frage gestellt. Der Notwendigkeit des Brechens von Herrschaftsstrukturen mit dem Ziel der Gleichstellung von MigrantInnen und Schwarzen in Österreich wurde die Notwendigkeit einer breiter angelegten Allianzenbildung auch unter MigrantInnen entgegengesetzt.

Den Abschluss fand die Konferenz in einer Vorführung von Filmen u.a. der Recherchegruppe zur Schwarzen österreichischen Geschichte, der Feministischen MigrantInnen Wien und der Lesbischen Migrantinnen Österreich. Was die Konferenz vor allem auszeichnete, war die große Zahl der TeilnehmerInnen aus verschiedenen Selbstorganisationen. Damit haben die Organisatorinnen, Vina Yun, Radostina Patulova und Dina Garza-Zeilberger auch eine Plattform für Diskussionen und Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Selbstorganisationen geschaffen. Diese Art der Auseinandersetzung muss weiter geführt werden. Diese für Österreich einmalige und außerordentliche Veranstaltung darf kein Stein der Erinnerung werden.

www.igkultur.at/transfer

Vlatka Frketić versucht immer noch den Antirassismus zu verqueeren