Katja Haller im Interview mit einem stillgelegten KUPF-Mitgliedsverein.
Seit 2001 veranstaltete der KUPF-Mitgliedsverein Bulldog jährlich ein zweitägiges Rockfestival im Ziegelwerk Eberschwang im Innviertel. Bulldog ist eine Gruppe junger Leute, die hauptsächlich im Bereich Musik veranstalten, und die kulturell triste Gegend um Eberschwang beleben wollen. Heimische wie internationale Bands traten auf, die BesucherInnenzahlen bewegten sich zwischen 2000 und 3000 pro Tag. Warum Bulldog dennoch scheiterte, erzählt Ernst Nadler, Obmann-Stellvertreter, im Telefoninterview.
2002 war euer Festival vom Hochwasser betroffen. Ihr habt durch das Hochwasser hohe finanzielle Verluste eingefahren. Gab es eine Entschädigung?
Nein.
Weitere Verbindlichkeiten entstanden im Jahr vor dem Hochwasser durch „mangelhafte Ticketkontrolle seitens der Kontrollorgane”. Was heißt das genau?
Wir dachten, wir hätten alles organisatorisch im Griff. Doch Unwägbarkeiten gibt’s immer wieder. Wir sind hier in einem Dorf mit 3000 Einwohnern. Wir hatten an die 300 freiwillige Helfer, brauchten mehr und mußten zu anderen Quellen an Personal greifen. Da gab es eine böse Überraschung. Wir hatten eine Gruppe engagiert, die die Ticketkontrolle für uns abwickelte. Leider war es so, dass die Einstellung zur notwendigen Professionalität fehlte. Ein ziemlich hoher Betrag ging in verkehrte Bahnen. Das war echtes Lehrgeld. Vom Hochwasser 2002 mit den großen Verlusten bis zur Vereinsauflösung im Juni 2006 sind 4 Jahre vergangen.
Welchen Maßnahmenplan hattet ihr in der Zeit, um den Schuldenberg abzutragen?
Wir wollten das Festival weiterbetreiben, unseren Vereinszielen entsprechend, Know How für unsere Gegend im Musikbereich zu sammeln und diese Kultur zu präsentieren. Wir haben das Festival in kleinerem Rahmen durchgeführt, wieder mit sehr namhaften internationalen Bands wie Clawfinger. Durch eine Förderung seitens der Kulturabteilung des Landes OÖ in der Höhe von Euro 14.000,- wurden die Schulden etwas verringert. Von seiten des Bundes blieb eine Förderung aus. Wir versuchten, von Beginn an Bundesförderung zu bekommen. Durch die Hilfe der KUPF war es möglich, einen sehr schönen Betrag jedes Jahr vom Land OÖ zu erhalten. Das war auch der Grund, warum uns eine Weiterführung des Festivals trotz der starken Verluste sinnvoll erschien, weil wir mit der Absicherung durch das Land rechneten. Schlimm fanden wir, dass der oftmalige Weg Richtung Wien zu diversen Förderstellen aussichtslos war. Ansonsten hatten wir durch die Größe des Festivals die Möglichkeit, Förderungen tatsächlich in bar von Banken zu bekommen. So hofften wir, einen gewissen Gewinn einzufahren. Wir machten pro Monat eine weitere Veranstaltung namens „homegrowns”, die den lokalen Musikschaffenden zugute kam. Wir hofften, leichte Gewinne zu erwirtschaften und die Verluste über die Jahre abzudecken.
Was waren nun die definitiven Auflösungsgründe?
Der Schuldenstand an sich war es nicht, da wir probiert hatten, diesen abzutragen. Trotz intensiver Arbeit gelang uns dies nicht. Wir sind alle ehrenamtlich im Kulturbereich beschäftigt. Der Effekt war, dass bei den Leuten die Luft raus ist. Wir sahen keine weitere Möglichkeit, zusätzliche Mittel zu aquirieren. Man muss sehen, dass es sich um etwa dreißig das ganze Jahr über sehr intensiv beschäftigte Freiwillige handelt. An einem Wochenende noch einige hundert Leute zu motivieren, das wurde sehr schwierig, zumal bekannt war, dass der Verein nicht im finanziellen Himmel schwebt.
Wer trägt die Schulden, wer haftet dafür?
Nach dem österreichischen, relativ neuen Vereinsgesetz haftet der Vorstand. Wir kennen uns sehr gut und haben die Haftung im Vorfeld bereits auf die Vorstandsmitglieder aufgeteilt. Bei Vereinsauflösung sind die Schulden privat zu tragen.
In welcher Höhe belaufen sich die finanziellen Belastungen der einzelnen Vorstandsmitglieder?
Bei der Auflösung waren es etwa 55.000 Euro. Wir sind 5 Personen.
Ende 2003 habt ihr an das Landeskulturreferat ein „Ansuchen um Nachförderung zwecks Vereinsauflösung” gestellt. Welche Reaktion habt ihr bekommen?
Bis die zuständigen Personen da waren, verwies man uns freundlich, man solle abwarten, der Akt wird geprüft. Bis dahin war jeglicher Kontakt ein sehr zuvorkommender. Uns wurde dann klar und unmissverständlich mitgeteilt, dass diese Veranstaltung bereits Förderungen in den jeweiligen Durchführungsjahren erhalten hat. Für die Vereinsauflösung gibt es keine Förderung, auch nicht von anderen Stellen. Somit war die Sache für uns erledigt.
Vielleicht hängt es mit eurem Vereinsnamen Bulldog zusammen, das heißt unter anderem hartnäckig, zäh, mutig.
Genau, das sollte es ausdrücken.
Dass ihr angesichts der Situation daran denkt, Coachings für Kulturvereine anzubieten im Sinne von „Was dürft ihr niemals tun, um so weit zu kommen wie Bulldog.” Welchen Tipp möchtet ihr an dieser Stelle geben?
Wir haben über die Jahre sehr viel an Erfahrung gesammelt, natürlich auch Zulieferadressen. Unser Ziel für die Festivaltage war zudem, eine Benefizveranstaltung für ein Behindertenprojekt in der Region zu sein. Trotz Verlusten spendeten wir recht schöne Beträge. Aus heutiger Sicht waren das Privatgelder … das war schon gut so. Wir sind gerne bereit, mit Idealismus Informationen weiterzugeben. Andererseits können wir eine Unmenge an Tipps geben, worauf aufzupassen ist. Wo gibt es besondere Tricks, um sich selbst kein Bein zu stellen.
Herzlichen Dank für das Interview.
Bittesehr. Uns freut es, daß wir in dem Medium abschließend Gehör fanden. Das tut ganz gut.
Kulturverein Bulldog e.V., Sparkasse Ried/ Haag, Zweigstelle Eberschwang
BLZ: 20333
KTO Nr.: 00100007293
Katja Haller ist Programmkoordinatorin bei Radio FRO 105.0 MHz