NODE.London meets Nodes in Linz

Vom KUPF-Kamingespräch zum Medienstammtisch und dann nach London. Ein Bericht

 

von Aileen Derieg

Wie wird eine öffentliche Diskussion zielführend vorbereitet? Das fünfte politische Kamingespräch am 27. September 2005 war gut vorbereitet, die Themenstellung mit sinnvollen Fragen klar umrissen: „Medienstadt Linz” – Wodurch zeichnet sich eine Medienstadt aus? Was zeichnet Linz als Medienstadt aus? [1]

Doch dann geschah etwas Unvorhergesehenes: Am Anfang des Gesprächs beschloss die Moderatorin, die Fragestellung sei durch die Vorbereitung bereits abgedeckt, und wechselte kurzerhand das Thema. Diese ungewöhnliche und zunächst leicht irritierende Vorgehensweise erwies sich aber schließlich als äußerst ertragreich. Es lag somit am Publikum, für sich zu überlegen, ob und wieso das ursprüngliche Thema wichtig sei, und folglich entstand ein energisches Gespräch, viele weiteren Fragen wurden aufgeworfen und ernst zu nehmenden Bedürfnisse zum Ausdruck gebracht. Auch wenn die Diskussion von vielen zunächst als eher verwirrend oder frustrierend erlebt wurde, hatte sie durchaus positive Folgen.

Daraufhin versammelten sich im November einige Interessierte, die sich mit diesen Fragen noch weiter auseinandersetzen wollten, zum ersten „Medienstammtisch”. Diskutiert wurde die Entwicklung des Schlagworts Medienstadt, die verschiedenen Interessen, die sich dahinter verbergen mögen, und was der Begriff für uns bedeuten könnte. Wie Medienkompetenzen unter bestehenden Organisationen und neuen Initiativen verstärkt und sichtbar gemacht werden könnten, war ein weiterer Diskussionspunkt wie auch eine intensive Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Auswirkungen einer zunehmenden Medialisierung des Alltags, und die Frage, was jetzt in Linz fehlt und welche gemeinsamen Strategien möglich wären. Es wurde entschieden, den Medienstammtisch fortzusetzen, um den Fragen weiter nachzugehen und konkrete Schritte zu überlegen. Seitdem trifft sich der Medienstammtisch einmal im Monat, und auch die obligate Mailingliste wurde schnell eingerichtet. Vom Anfang an war es den Beteiligten wichtig, dass der Medienstammtisch nicht an einen Ort oder an eine Institution gebunden ist.

Im Februar 2006 entstand dann eine Diskussion auf der Mailingliste „Curating New Media” zum Thema „Some personal thoughts on NODE.London”. [2] Da die Beschreibungen der Vorgänge und damit verbundenen Schwierigkeiten vielfach interessant und relevant für die Fragestellungen des Medienstammtisches schienen, wurde spontan beschlossen, mit den AkteurInnen von NODE.London Kontakt aufzunehmen.

NODE.London („networked, open, distributed events – London”) [3] nennt sich der Versuch, eine möglichst breit verteilte Selbst-) Darstellung der Londoner Medienkunstszenen auf einer nichthierarchischen Konsensbasis zu organisieren. Durch die Entwicklung neuer Strukturen und Organisationsformen wurden die unterschiedlichsten Personen, autonomen Initiativen sowie etablierten Einrichtungen miteinbezogen, und durch die Schaffung von neuen Verbindungen und Vernetzungen sollten Ressourcen und Räumlichkeiten für alle Beteiligten besser nutzbar gemacht werden. Mit zahlreichen Präsentationen und Veranstaltungen im ganzen Monat März sollte ein breiteres Publikum angesprochen und ein größeres Interesse an Medienkunst geweckt werden. Was das Programm besonders spannend macht, ist die gleichberechtigte Mischung aus etablierten und anerkannten KünstlerInnen, bis jetzt eher im Untergrund und experimentell Arbeitenden, und jungen Nachwuchstalenten.

Während der „Season of Media Arts” waren Tim Boykett und ich in London, wo wir (teilweise gemeinsam mit Doris Weichselbaumer) mit den Beteiligten ausführlicher reden und die Selbstdarstellung im Netz mit der tatsächlichen Umsetzung vergleichen konnten. Darüber hat Tim im „Heller compact” [4] bereits berichtet.

Was bei allen Gesprächen und sonstigen Äußerungen der NODE.Londoners auffällt, ist ihre Bereitschaft, wirklich sehr offen und ehrlich über den langen, komplizierten Prozess zu reden. Da sie sich gleich bei der ersten Kontaktaufnahme sehr interessiert zeigten, wird der Austausch in den kommenden Monaten weiter vertieft. Am 28. Juni war Luci Eyers, eine der MitinitiatorInnen von NODE.London [5], im Hörsaal des Instituts für Interface Culture zu einem Vortrag über die Entstehungsgeschichte und Durchführung des Projekts eingeladen. Unterstützt wurde die Veranstaltung vom Ludwig Boltzmann Institut Medien.Kunst.Forschung. Am nächsten Tag fand bei Time’s Up ein Workshop statt, um mit AkteurInnen der Linzer Szene gemeinsam zu untersuchen, ob und wie das NODE.London-Modell konkret für Linz adaptiert werden könnte. Voraussichtlich Ende September bzw. Ende Oktober werden nachfolgende Vorträge/Workshops mit anderen VertreterInnen von NODE.London stattfinden.

[1]http://www.kunstraum.at/veranstaltungen/kamin5/index.html [2] http://www.jiscmail.ac.uk/cgi-bin/webadmin?A1=ind0602&L=new-media-curating&O=T&H=0&D=0&T=1#9 [3] http://nodel.org [4] http://www.servus.at [5] http://nodel.org/people.php?ID=3

Aileen Derieg arbeitet als Übersetzerin und Autorin in Linz. http://www.eliot.at