Playground vs. Battlefield

Stefan Haslinger zur Frage was denn eine Reform des Kulturfördergesetz heißen könnte.

 

Betrachten wir einmal das Kulturförderungsgesetz als Spielwiese. Auf dieser dürfen alle herumtollen, die Förderungen wollen. Die Grenzen sind klar abgesteckt. Die SpielleiterInnen selbst sind nicht am Geschehen beteiligt, sondern betrachten das Spiel von oben herab bzw. vom Spielfeldrand aus. Die Möglichkeit für diesen BeobachterInnenstatus liegt im Mangel an Selbstbindung begründet. Die Kulturpolitik und –verwaltung verpflichtet sich im Kulturförderungsgesetz zu nichts.

Betrachten wir einmal das Kulturförderungsgesetz als Schlachtfeld. Auf diesem findet der Verteilungskampf statt. Opfer gibt es immer wieder zu beklagen. Als Strategiegrundlage für die Generäle (vulgo Verantwortliche in Kulturpolitik und –verwaltung) dienen die Förderrichtlinien. Zum Putsch kommt es nur schwer. Die Generäle sind nicht angreifbar. Dieser Status liegt im Mangel an Selbstbindung begründet.

Ausgehend von dieser Betrachtungsweise, muss zwangsläufig der Gegencheck zur Realität erfolgen. Die Praxis würde ja zeigen, dass Selbstbindung gar nicht nötig ist, da ja ohnehin das meiste ausverhandelt werden kann. Und die Gesetz- bzw. FördergeberInnen wären ja ziemlich schlecht beraten, wenn sie sich gesetzlich zu etwas verpflichten würden.

Doch der Selbstbindungsaspekt, der für ein zentrales, spannendes Element demokratiepolitischer Denkweise steht, ist nur ein Ansatz für eine Reform des oberösterreichischen Kulturförderungsgesetzes. Neben diesem, gibt es eine Reihe von Forderungen, die alle darauf abzielen, die Kulturförderung auch an das ausdifferenzierte Kulturfeld anzupassen, und Standards zu setzen in Fragen der Transparenz von Förderentscheidungen.

Frage: Laufen wir gerade Gefahr auf den Spielwiesentrick hereinzufallen? Wir vergnügen uns mit Gedanken über Gesetzesänderungen, spinnen Ideen von Transparenz, und partnerschaftlichem Miteinander im Förderungsprocedere, doch was die SpielleiterInnen davon halten, ist mehr als vage. Aber ohne sie wird das Spiel verloren sein, ehe es richtig begonnen hat. Das heißt, dass das politische Gegenüber einen Benefit davontragen muss, um überhaupt einmal für die Diskussion bereit zu sein. Aber welchen Benefit können wir anbieten? Beiratssysteme, Demokratisierung der Entscheidungsfindung, dezidiert festgeschriebene Infrastrukturförderung, Geschlechterparität in den Gremien? Das alles ist kein Benefit für die Generäle, sondern ein Eingriff in die politische Machtsphäre. Also wird weiter überlegt , und man kommt zum Schluss, dass als Zuckerl das Hohelied der Demokratisierung, welches wir dann alle singen, angeboten werden könnte. Tja, das klingt ganz schön, lässt sich aber nur schlecht verkaufen. Denn, wir leben ohnehin in einer, also warum dann noch mehr Demokratie.

Schön langsam geht uns die Puste aus, auf dem Spielfeld. Keine Pause, der Schlusspfiff ertönt nicht, aber nur weil wir ihn selber pfeifen müssten. Was könnte die Zauberformel sein, die die Generäle von Obrigkeiten zu PartnerInnen macht? Notwendigkeit! Es scheint ganz einfach. Es ist, wie so vieles andere, einfach notwendig, dass sich Gesetze und Rahmenbedingungen ändern. Notwendig aufgrund von Überholtheit, notwendig aufgrund verschobenerer Standards und Paradigmen, notwenig aufgrund der Rolle, die Kulturinitiativen und Künstler- Innen mittlerweile in unserer Gesellschaft einnehmen, und aufgrund des Platzes, den sie besetzen.

Es geht um das Erkennen von Notwendigkeiten, und dieses Erkennen bedeutet einen Lernprozess, aber auch einen Diskussionsprozess. Ein Diskussionsprozess, der breit initiiert werden muss, und von vornherein die Grenzen des Spiel- bzw. Schlachtfeldes verlassen muss. Ein Lernprozess, bei dem SpielleiterInnen und Generäle gemeinsam mit den Betroffenen lernen und arbeiten. Dem viel beschworenen Pluralismus unserer Gesellschaft muss hier Rechnung getragen werden. Und die Begrenzungslinien des Spielfelds, die ja auch als Barrieren und Schranken gedeutet werden könnten, müssen verschwinden.

Stefan Haslinger ist Geschäftsführer der KUPF – Kulturplattform OÖ, im Vorstand der IG Kultur Österreich und im Vorstand vom KV waschaecht – Wels.