Klemens Pilsl hat das neu erschienene Werk von Foltin und Birkner für Sie gelesen.
Dem oder der politinteressierten LeserIn sind Martin Birkner und Robert “Fuzzi” Foltin vielleicht keine Unbekannten: beide sind wesentliche Akteure der Theroriezeitschrift “grundrisse” aus Wien, beide veröffentlichen auch gerne in anderen Printmedien. Martin Birkner schreibt gerne und oft für die „kulturrisse” (man beachte die Ähnlichkeit der Titel), die wundervolle Zeit- und Streitschrift der IG Kultur, dem Dachverband freier Kulturinitiativen in Österreich; und Robert Foltin ist einigen vielleicht durch sein famoses Buch zur jüngeren linken Bewegungsgeschichte in Österreich (“Und wir bewegen uns doch”, siehe Rezension in der KUPF-Zeitung 109/5/04) in Erinnerung. Jetzt haben die beiden gemeinsam ein Buch veröffentlicht:
“(Post-)Operaismus. Von der Arbeiterautonomie zur Multitude. Geschichte und Gegenwart, Theorie und Praxis. Eine Einführung.“
Dass der Titel schon mal sowas von unsexy ist mag genre-immanent sein und auf ein grundsätzliches Problem linker Theorie hinweisen, sollte uns aber diesmal nicht abschrecken. Der gegenwärtige Postoperaismus bezeichnet die Erweiterung des klassischen Operaismus aus dem Italien der 1960er: inhaltlich (radikale Einbindung aktueller Themen wie Feminismus, Biopolitics, Ökologie, …), historisch (der klassische Operaismus umfasst vor allem die 1960er und 70er) und geographisch (Postoperaismus umfasst im globalen Diskurs nicht mehr nur italienische ProtagonistInnen: auch der amerikanische “Autonomist/Open Marxism” wird vom Begriff erfasst sowie diverse französische und deutschsprachige Diskurse, siehe: Wildcat, Arranca, …). Die Überwindung der traditionell-naiven Vorstellung von “Klasse” und “Klassenkampf ” ohne den Fokus auf den zentralen Begriff “Arbeit” zu verlieren und die Anknüpfung an verwandte Theorien (Focault, Negri, Holloway, …) und Kämpfe (Zapatismus, Temporäre Autonome Zonen, …) machen den Postoperaismus vor allem für partei- und bewegungsmüde Linke attraktiv. Lust auf radikale Theorie abseits akademischer Diskurse, umsichtig, kritisch und gelungen aufgearbeitet? – dann ist dieses Büchlein absolut empfehlenswert!
Klemens Pilsl arbeitet in der KAPU/Linz
Birkner, Martin / Foltin, Robert: (Post-)Operaismus
Von der Arbeiterautonomie zur Multitude, 2006, € 10,-
ISBN 3-89657-597-X