Vegetative Vermehrung

Klemens Pilsl und Eva Immervoll porträtieren die neuen KUPF-Mitgliedsinitativen.

Die KUPF hat ja ihre ursprüngliche Form als Organisation längst hinter sich gelassen. Sogar die Phase der Institutionalisierung hat sie längst durchlaufen.

Mittlerweile ist die KUPF ein Superorganismus mit schwarm-ähnlichen Strukturen. „Kollektive Intelligenz ist ein emergentes Phänomen: Kommunikation innerhalb einer sozialen Gemeinschaft schafft intelligente Verhaltensweisen des Superorganismus“, meint die gute alte Wikipedia. Dementsprechend spricht Jimbo Wales (bitte diesen Namen NICHT googeln!) im Kontext der humanen Schwarmintelligenz auch sehr charmant von der „Weisheit des Mobs“ – wenn das nicht gut klingt: Street-Credibility und klassenkämpferische Untertöne! Ja: ich rede immer noch von der alten Dame KUPF. Und die hat im Rahmen ihres jährlichen Zyklus tatsächlich wieder für Zuwachs gesorgt – und zeigt mit ihren sechs neuen Mitgliedern zweifellos, dass sie immer noch attraktiv und begehrt ist. Hier eine Kurzbeschreibung der neuen Mitgliedsinitiativen.

Zach Records

Die Geschichte der heimlichen österreichischen Pop-Hauptstadt Linz ist ja gepflastert mit innovativen Mini-Labels: ich denke an Lufthanfa Records, Kybernetikuss Records, Interstellar Records und natürlich an Tonträger Records. Mit dem relativ jungen Label Zach Records ist erstmals ein solches KUPF-Mitglied geworden – Zach Records nutzen das juristische Konstrukt ‘Verein’ als Basis für ihren Musikverlag und zeigen mit ihrem Beitritt zur KUPF auch klar ihr Selbstverständnis als KulturproduzentInnen. Der gewerkschaftliche Grundgedanke wird auch auf der Homepage artikuliert: „der verein ZACH betreibt ein eigenes label namens ZACH Records, welches sich auf die suche nach förderungswürdigen künstlern begibt. Unter »fördern« versteht der verein „ZACH“ eine faire zusammenarbeit zwischen musiker/band und label, welche beiden künstlerische freiräume ermöglicht und der band eine angemessene entlohnung bietet.“

Releases gibt’s bislang erst zwei (Tumido und Delilah, beide aus OÖ), aber das Label ist jung und hudeln gerade in der schnelllebigen Kulturindustrie unangebracht. Wir freuen uns auf mehr!
http://www.zach-records.com

Sozialforum Freiwerk
„Wir verstehen uns als eine Plattform von kulturell interessierten Menschen und Initiativen, die durch ihr Engagement die regionale Kulturlandschaft nachhaltig mitgestalten wollen und gleichzeitig die gesellschaftliche Notwendigkeit sozialen Handels in den Vordergrund stellen. Dabei gilt es eine zeitgenössische Kulturalternative anzubieten und kulturelle Akzente abseits des kommerziellen Mainstreams zu setzen“. Das „Freiwerk“ ist ein Zusammenschluss mehrerer kleiner Initiativen und agiert hauptsächlich um die Homebase Timelkam/Vöcklabruck herum. Bekanntestes Highlight ist das bereits zweimal stattgefundene „Bockmas Festival“, eine großen 3-Tage- Solifestl für die antirassistische Arbeit von Ute Bock – ein zutiefst respektabler Zweck! Immerhin konnten letztes Jahr über 15.000 Euro an Frau Bock übergeben werden – da können sich viele urbane Polit-Marktschreier-Initiativen was abschauen!
http://www.bockmas.at

INOK
Die vier Buchstaben stehen für „Inititive oberes Kremstal“ und sind Titel einer für ein junges KUPF-Mitglied schon recht erfahrenen Initiative. Bereits in den 1980ern gründete sich INOK: „Anlaß war damals der Widerstand gegen den Bau der Bezirksmülldeponie in den Kremsauen. Die Motivation war der Schutz des Lebensraumes vor der eigenen Haustür“, meinte Gründungsmitglied Hans Uhl und jetziger Leiter des WWF in OÖ einmal in einem Interview. Ursprünglich vor allem politisch aktiv, z.B. mit Demos gegen die bereits genannte Mülldeponie oder den Autobahnbau, ist INOK heute in erster Linie Anbieterin musikkultureller Aktivitäten – niemand sonst würde den Austrofred in die Sportschützenhalle zu Inzersdorf einladen! Gleichzeitig ist politisches Interesse immer noch Teil von INOK und der Verein fühlt sich auch immer noch als Umweltinitiative – so ist INOK beispielsweise Mitglied bei ATTAC.
http://www.kulturl.at/vereine/inok.htm

Klärwerk
Der Verein besteht seit 1994 – also ähnlich wie INOK eine sehr erfahrene Kulturinitiative. Hier vermischt sich die klassische Veranstaltungsarbeit mit eigenem künstlerischen Schaffen und Experimentieren. Seit 2 Jahren gibt es das Vereinslokal B138. Hier handelt es sich um eine aufgelassenes Geschäftslokal mit dezenten 30m². Es passieren Tauschbörsen für verhasste Kleidungsstücke, hier werden Künstler untergebracht die für eine begrenzte Zeit im B138 leben und von der lokalen Bevölkerung besucht/verköstigt und unterhalten werden. Daneben gibt es natürlich regelmässig Musikveranstaltungen. Die begrenzte BesucherInnenzahl („mit 40 Leuten ist das B138 rammelvoll“) erklärt auch die spezielle Atmosphäre welche sich im B138 breit macht. Ein sehr spezielles Wohnzimmer, mitten in Kirchdorf an der Krems.
mailto:g.stiftinger@eduhi.at

Countdown
„Prambachkirchner Freizeit- und Kulturverein Countdown“ lauter der offizielle Name dieser neuen Mitgliedsinitiative. Countdown ist seit Beginn der 1990er Jahre aktiv, aber erst seit 1994 ein offizieller Verein. Die Aktivitäten sind wie die die AktivsitInnen vielfältig, die größte Aussenwirkung hat wohl das in der Region legendäre „Rock am Hof“-Festival, ein jährlich stattfindendes Highlight in der Region, bei dem nicht nur junge Rockbands für Stimmung sorgen – nein, auch moderne HipHop-Klänge (z.B. „Markante Handlungen“ aus Linz) finden hier ein junges Forum! Unabhängig von diesem Festival engagieren sich die Leute von Countdown bei „Kinderferien“-Aktionen und veranstalten Programmkino-Abende. Und, natürlich, jede Menge Partys.
http://www.countdown.co.at

K565
Alberndorf liegt 565m über den Meeresspiegel. Und diese Tatsache war der Auslöser für den Vereinsnamen. K für Kultur und 565 für die Höhenmeter = K565. Die Idee ist es, den Bereich Zeit- und Jugendkultur in dem ruhigen Örtchen etwas zu beleben indem es außer den von der Gemeinde veranstalteten Literaturtage nicht viel gibt. Gesagt getan. Hier werden Filme gezeigt (open air Kino- großartig!), viel Kabarett und natürlich Musik. „Ausgehend von einem liberalen und breit angelegten Kultur- und Kunstbegriff soll dabei der Kunst und den Kunstschaffenden größtmögliche Freiheit gewährt werden.“ – heisst es auf der Homepgae von K565. Jawoll. Ein zartes Jahr arbeitet der Verein gemeinsam an ihren Ideen. „Gib Pfeffer, Mühle“ lautet zum Beispiel ein aktuelles Kabarettprogramm das man vielleicht auch als Motto des jungen Kulturvereins verstehen könnte.
http://members.aon.at/k565
 

Medio2
Medio2 wurde eigentlich bereits Mitte der 90er Jahre gegründet. Eine (fast) klassische Wiederbelebungsgeschichte: Ein Verein gründet sich und nach mehreren Jahren kommt es irgendwann mal zum Stillstand. Neue –oft jüngere- Menschen kommen nach und hauchen dem Verein wieder Schwung in die Lunge. So auch bei Medio2. Im Herbst 2003 beschloss eine neue Besetzung den Verein wiederzubeleben. Erfolgreich! Die Ziele werden hier u.a. „politisch unabhängig Impulse für das Gemeindeleben“ genannt sein. Programmatische Schwerpunkte finden sich im Bereich Kindertheater, Kleinkunst, Lesungen, Vernissagen und und..und…und. Zuhause ist Medio² in Kronstorf.
http://medio2.at

Klemens Pilsl ist unterbezahlter Lohn- und Textarbeiter.
Eva Immervoll ist Geschäftsfüherein der KUPF – Kulturplattform OÖ, Aktivistin bei Radio SPACEfem FM und im Vorstand des Festival der Regionen.